Tschitschi, Maserzylinder an Ginkgo

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tormi
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Tschitschi, Maserzylinder an Ginkgo

Beitrag von tormi »

Hallo,
der Ginkgo nimmt im Pflanzenreich eine Besondere Stellung ein. Er wird weder zu den Koniferen noch zu den Laubgehölzen gezählt. Das berühmteste 'lebende Fossil' ist dieser Baum zwar seit der Entdeckung der Wollemi Pine, Wollemia nobilis, nun nicht mehr, deshalb ist aber nicht weniger interessant.

Ich habe vor gut einem Jahr den Goethe-Ginkgo im Botanischen Garten der Friedrich-Schiller Universität Jena gesehen. Es wurde mir erzählt dass sich auf dem Baumes ein Maserzylinder, der sogenannte 'Tschitschi', bildet. Maserzylinder sind nach unten gerichtete zylindrische Auswüchse.
An älteren Bäumen tritt dieses Phänomen öfters auf. Diese Gebilde wachsen sowohl direkt aus dem Stamm, als auch aus der unteren Seite der Äste. Sie können eine betrachtliche Länge erreichen.

Nun kenne ich ausser diesem, keinen anderen Ginkgo der dieses Phänomen aufweisst. Jetzt meine Frage:
Wer kann mir Standorte hier in Europa ( D, F, NL, B, L, CH) verraten wo ich solche Bäume finden kann?
Danke im voraus.


LG Nalis
PS:@Kurt :wink:
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166_6684 Goethe - Gingko Tchi-Tchi.jpg
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tormi
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Beitrag von tormi »

huch, entschuldigt den Schreibfehler (nicht nur) in der Überschrift des Bildes.

wolfachim_roland
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Beitrag von wolfachim_roland »

Hallo Nalis:

das ist ja super interessant. Ich werde in Zukunft darauf Acht geben, um silche Auswüchse zu finden.

Gruß, Wolf
Wolf Roland

Cryptomeria
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Beitrag von Cryptomeria »

Hallo tormi,

es gibt einen alten Artikel von 1928 in MDDG 40: 121-126: Ausbildung der Tschitschi an einem Ginkgobaum im Schlosspark zu Dyck.

Neueren Datums, in Beiträge zur Gehölzkunde 1995 S.122 wird in Görlitz im Park des Friedens ein Ginkgo mit 8 Tschitschi vermessen. Der steht auf jeden Fall noch. Sorte : St.Cloud.

Im gleichen Heft wird der älteste Ginkgo in Harbke ebenfalls beschrieben.
Meines Wissens ist das Heft noch käuflich zu erwerben ( Buchhandel oder Gartenbild Heinz Hansmann).

Außerdem hatte die DDG 2004 einen Aufruf gestartet eine Datenbank Ginkgo anzulegen. Wie weit die gediehen ist, weiß ich aber nicht. Die Initiative ging aber von Prof. Geyer, Essen aus. hans-juergen.geyer@uni-essen.de - oder http;//www.uni-essen.de/ginkgo.

Viele alte Bäume in Japan haben tolle Tschitschi.In Deutschland sind die ältesten ja erst 230 Jahre alt. Was ist das schon für einen Ginkgo.
Bei einer Erhebung in Nordostdeutschland waren 25% unter 100, 45% zwischen 100 und 150, 24% zwischen 150 und 200 und lediglich 6% über 200. Da müssten die beiden oben erwähnten die einzigen sein.
Bei 1000 - jährigen Ginkgo in Japan hast du viele, viele Tschitschi.
Also in 600/7oo Jahren müssten man nochmal schauen :wink: .

Viele Grüße und viel Erfolg bei deinem Suchen nach Tschitschi-Bäumen.

Wolfgang
P.S. Vielleicht finde ich beim Lesen noch den ein oder anderen, dann teile ich ihn dir hier mit.

tormi
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Beitrag von tormi »

Hallo,
ich habe in den MDDG 43 von 1931 einen kurzen Artikel über Merkwürdigkeiten an Ginkgo's aus Japan gelesen, nicht nur Tscitschi. Die dort beschriebenen Bäume waren alle schon etwas älter. Der Ginkgobaum in Nigatake bei Sendai, nördlich von Tokio, wird als der Baum genannt bei dem diese Auswüchse sehr ausgeprägt sind.
Es ist mir natürlich klar dass wir hier in Europa noch keine Bäume haben an denen diese Tschitschi's so ausgeprägt sind. Ich will mich eigentlich nur informieren an welchen Bäumen solche Auffälligkeiten zu wachsen begonnen haben. Diese werde ich dann in der nächsten Zeit aufsuchen
und Bilder von ihnen machen. Ich mache das jetzt wiel ich in 600-700 Jahren keine Zeit dafür habe :roll: .
Danke dir für die schnelle Infos.
LG Nalis

Cryptomeria
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Beitrag von Cryptomeria »

Von den alten Japanern gibt es eine ganze Reihe Fotos mit Tschitschi.Hier aus Deutschland ist 1 Foto vom Görlitzer Baum in Beiträge zur Gehölzkunde 1995.Ich schätze hier in Deutschland wird es keine 10 Bäume mit Tschitschi geben. Ich bin gespannt, was du herausfindest.

Viele Grüße

Wolfgang

Piru
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Beitrag von Piru »

hallo,

da der ginkgo mein lieblingsbaum ist und ich mich auch sehr für diese bildungen interessiere...habe ich mich vor längerer zeit darüber informiert,
ein ginkgo in görlitz soll auch noch diese hübschen "brüstchen" haben. und ich freue mich schon sehr darauf wenn ich ihn im sommer besuche, wenn wir die eltern von meinem freund besuchen die in der nähe von dresden wohnen und von dort ist es nur ca. 1h fahrt (schon ganz hippelig sei :lol: )

übrigens der baum in jena ist ein zwitter :wink:
er ist der einzigste (ich weiss nicht ob weltweit oder deutschlandweit) der ohne menschliches zutun männliche und weibliche blüten ausbildet...

ansonsten ist mir auch kein standort bekannt, hakt doch evtl der in utrecht noch...

lieben gruß, anja

tormi
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Beitrag von tormi »

Hallo Piru,
der Ginkgo in Utrecht ist der wahrscheinlich der älteste von Europa. Bei dem ist es vorstellbar dass er einen solchen Auswuchs hat.
Ich habe in Frankreich, genauer gesagt im Botanischen Garten von Tours, süd-westlich von Paris noch einen gefunden.
Dieser Baum wurde um 1845 gepflanzt und gilt als einen der ältesten und schönsten Ginkgo's von Frankreich. Dieser Tschitschi scheint mir doch schon grösser zu sein als der in Jena, obwohl der Baum in Frankreich später gepflanzt wurde. Kann das an den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen liegen?
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Ginkgo, Tours, F.jpg
Ginkgo, Tours, F.jpg (43.68 KiB) 16104 mal betrachtet

Piru
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Beitrag von Piru »

ja das liegt an den klimatischen bedingungen die ja überall anders sind...

aber die tschitschis haben eigentlich nichts mit dem alter zu tun, in japan gibt e recht viele alte baüme die keine haben und etwas jüngere die welche tragen.
man rätselt noch etwas warum das so ist, am wahrscheinlichsten ist wohl die erklärung das sie zu stabelisierung alsgebildet werden...

übrigens man ist sich nicht mehr sicher das der baum in utrecht der älteste ist, in einem kleinen dorf soll wo möglich ein noch älterer sein!

hast du vielleicht noch mehr von diesen hübschen bildern, würde mich sehr interesieren!!!

anja

tormi
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Beitrag von tormi »

Danke für die schnelle Erklärungen Piru. Wird ja immer interessanter :D
Du sagst in einem kleinen Dorf gibt es noch einen älteren Ginkgo, wo liegt dieses Dorf denn?
Nee, Bilder habe ich jetzt leider keine mehr, werde aber noch suchen.
LG Nalis
PS: toller Wohnort

Piru
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Beitrag von Piru »

....so hab mal ein bischen in meinen aufzeichnungen gesucht und bin fündig gewurden...

Wo steht der älteste Ginkgo Baum in Europa ?
In Leiden ( NL ) - in Utrecht ( NL ) oder ist es doch der Ginkgo Baum in Geetbets ( Departement Limbourg, Belgien ). War es wirklich Engelbert Kaempfer, der den Ginkgo wieder nach Europa brachte ? Oder waren es Missionare, die erheblich früher Asien bereisten und bereits um 1730 ( so sagt es die Überlieferung im Dorf ) hier einen Ginkgo einpflanzten. In dem renovierten Haus neben dem Platz lebte im frühen 17. Jahrhundert der Naturwissenschaftler Wendelen - hat er vielleicht den Ginkgo unbewußt angepflanzt ? Fragen über Fragen....
5,10 m Stammumfang und eine beachtliche Höhe von ca. 30 m machen diesen Baum zu einer absoluten Besonderheit. Er hat mehrere Kriege überlebt, Blitzschlägen getrotzt und erhebt sich wie ein Herrscher über die Gemeinde und die Natur, als Zeitzeuge vergangener Welten.
Der Standort ist herrlich gepflegt und der Ginkgo bildet den Abschluß des harmonischen Dorfplatzes, seitlich neben der Dorfkirche.
Nach unserer Reise nach Geetbets sind wir nicht mehr so sicher - wir bleiben an dem Thema auf jeden Fall dran!

tormi
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Beitrag von tormi »

Hallo,
die Erklärung dass Ginkgo's diese Auswüchse, die wenn sie mit dem Boden in Kontakt kommen bewurzeln, zur Stabilisierung machen habe ich jetzt auch mehrmals auf verschiedenen I-Seiten nachlesen können. Das scheint mir eine plausibele Erklärung zu sein.
Aus Europa habe ich heute keinen gefunden deshalb setze ich noch ein schönes Exemplar aus dem Minoto-Ku Tempel von Tokio ein. Dieser Baum ist mit seinen rund 750 Jahren, unseren natürlich weit voraus.
LG Nalis
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Ginkgo biloba.jpg
Ginkgo biloba.jpg (33.97 KiB) 16079 mal betrachtet

Cryptomeria
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Beitrag von Cryptomeria »

Hallo tormi,

ich habe das mit der Stabilisierung früher natürlich auch gelesen.Ist das nicht unwahrscheinlich.Diese Tschitschi wachsen doch viel zu langsam. Wäre ich ein Baum würde ich mich wie manche Ficus u.ä. Arten viel schneller im Boden verankern.
Die 1000-jährigen haben auch viele Tschitschi und sie gehen nicht zum Boden. Ich denke , es sind Relikte aus früherer Zeit, kann natürlich mit Verankerung ehemals zu tun haben.

Grüße

Wolfgang

Brötchen
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Beitrag von Brötchen »

Hallo
das ist ja faszienierend!So etwas habe ich noch nie gesehen!

Martin

tormi
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Beitrag von tormi »

Hallo,
die Idee der Stabilisierung möchte ich aber nicht ganz ausschliessen, auch wenn die Dinger sehr langsam wachsen und nicht alle bis zum Boden wachsen. Kann ja sein dass der Baum früh merkt dass er etwas tun muss um später auftretende Probleme entgegen wirken zu können.
Warum der Ginkgo solche Tschitschi's ausbildet werden wir hier sicherlich nicht klären, ist trotzdem interessant die verschiedenen Meinungen darüber zu lesen.
Weiterhin habe ich noch einige ältere Ginkgo's gefunden die nicht zu weit von mir entfernt sind. Die werde ich in der nächsten Zeit besuchen und nach Tschitschi's absuchen.
Bei den beiden vermutlich ältesten Ginkgo's von Europa in Utrecht (um 1767) und in Geetbets (um 1730) sind auch solche Erscheinungen zu sehen. Da ich diese Beiden nur auf Bildern gesehen habe werden sie mein erstes Ziel sein um mich zu vergewissern. :)
LG Nalis

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