Flechte auf Holunder

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Bloemenvriend
Beiträge: 306
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Flechte auf Holunder

Beitrag von Bloemenvriend »

Hallo,
beim googeln was das für eine Flechte sein könnte, kam ich auf gewöhnliche Gelbflechte. Stimmt das wohl?
Sieht ja sehr schön aus, soll aber ein Zeichen von viel Stickstoff in der Luft, also überdüngung sein.
viele Grüsse Silvia
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jantrautner
Beiträge: 197
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Beitrag von jantrautner »

Sowas sehe ich hier - in Südbayern - ziemlich oft, vor allem bei freier stehenden Holundern. Scheint eine beliebte Symbiose zu sein. Vielleicht fühlt sich diese Flechte auf der furchigen, korkweichen Rinde besonders wohl?

kurt
Beiträge: 3259
Registriert: 22 Mai 2006, 19:31
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Beitrag von kurt »

Die Gewöhnliche Gelbflechte ist, wie der Namen schon sagt, eine "Allerwelts"flechte, kein spezieller Anzeiger für die Güte der Luft. Die wachsen überall. Bei mir auch flächendeckend auf Hibiscus syriacus.

Gruss
Kurt
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Spinnich
Beiträge: 3797
Registriert: 27 Jul 2010, 01:14
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Flechte auf Holunder

Beitrag von Spinnich »

Hallo Silvia
soll aber ein Zeichen von viel Stickstoff in der Luft, also überdüngung sein.
hierzu ein Auszug aus folgendem Link:
http://www.nabu.de/tiereundpflanzen/nat ... 01837.html
Die Gelbflechte profitiert von ''Düngung aus der Luft''
Mit der Gewöhnlichen Gelbflechte hat die BLAM bewusst keine seltene und gefährdete Art zur Flechte des Jahres gewählt. Vielmehr handelt es sich um eine häufige und nährstofftolerante Art, die mit ihrer momentanen Ausbreitung sehr gut den seit einigen Jahren stattfindenden Wandel der Immissionssituation in der Bundesrepublik dokumentiert: Während das sowohl für den Menschen als auch für Flechten schädliche Schwefeldioxid in der Luft weniger wurde, ist die Belastung mit düngenden Stickstoffverbindungen unvermindert hoch.
Die Gewöhnliche Gelbflechte profitiert ganz offensichtlich von dieser "Düngung aus der Luft" und nimmt momentan in vielen Regionen an Bäumen, Mauern und auf Dächern stark zu. Sie symbolisiert somit eines der aktuellsten Umweltprobleme unserer heutigen Zeit, denn die Stickstoffverbindungen belasten auch Moore, Heiden, Trockenrasen und Wälder und bedrohen empfindliche Arten in ihrer Existenz.

@jantrautner
Sowas sehe ich hier - in Südbayern - ziemlich oft, vor allem bei freier stehenden Holundern. Scheint eine beliebte Symbiose zu sein. Vielleicht fühlt sich diese Flechte auf der furchigen, korkweichen Rinde besonders wohl?
Am häufigsten sind Flechten an Bäumen wie den Laubbäumen mit basenreichen Rinden. Dazu zählen z.B. Ahorn (Feldahorn, Spitzahorn), Esche, Hainbuche, Nussbaum (Walnußbaum), Pappel, Ulme, Weide und Obstbäume wie der Apfelbaum.
Aber auch auf der sauren Rinde von Bäumen wie Bergahorn, Birken (Hängebirke), Buchen (Rotbuche), Erlen (Schwarzerle) oder Nadelbäumen wie Fichten, Kiefer (Zirbelkiefer), Lärchen und Tannen sind Flechten zu finden.
siehe:
http://www.garten-treffpunkt.de/lexikon/flechten.aspx

@Kurt
Gewöhnliche Gelbflechte ist, wie der Namen schon sagt, eine "Allerwelts"flechte, kein spezieller Anzeiger für die Güte der Luft.
Gelben Flechten signalisieren: Es liegt weniger Schwefel in der Luft.
...Weder schädigen die Flechten die Pflanzen noch führen sie zu weniger Ertrag bei den Obstgehölzen. Sie sind im Gegenteil ein Zeichen dafür, dass in den letzten Jahren unsere Umwelt zum einen sauberer und zum anderen staubiger geworden ist. „Der hohe Schwefelgehalt in der Luft und der saure Regen in den vergangenen Jahrzehnten schädigten die Flechten so sehr, dass sie fast völlig verschwunden waren,“ erklärte Röll. „Jetzt können sie zurückkehren – und sich bestens von der nun erhöhten Feinstaubbelastung in der Luft ernähren.“
http://www.lwg.bayern.de/presse/2006/17376/index.php

Häufig wird die Frage aufgeworfen, ob die Flechten den Bäumen schaden: z.b. "Unsere Obstbäume und auch Sträucher werden immer mehr von einer gelb-braunen Flechte befallen (etwa senffarben), ein Johannisbeerstämmchen ist schon eingegangen... ...Sie schaden der Nutzpflanze in der Regel nicht. Sie treten oft in älteren, ungepflegten und nicht geschnittenen Anlagen auf, in denen keine Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt werden. Oft sind sie auch ein Hinweis, dass die Pflanzen z.B. wegen einer Unterversorgung (Wasser) nicht mehr wüchsig sind. Flechten an Obstbäumen treten darüber hinaus in feuchten Lagen und bei langjährig ungeschnittenen und ungedüngten Bäumen auf..."
http://www.pflanzenschutz.rlp.de/Intern ... enDocument
auf green 24 dazu auch folgeder Forumsbeitrag - Text: (ScreenShot):
"Obstbäume die stark mit Flechten überzogen sind bringen in der Regel keinen Neutrieb mehr hervor. Obwohl Flechten keinen Schaden anrichten, sind sie Zeiger für einen schlechten Allgemeinzustand des Baumes.
Obstbaumlehrer Lucas (Hohenheim 1896) verwendete die Bezeichnung Darrsucht bzw. Mooskrankheit für Obstbäume mit fehlendem Neutrieb auf Grund von vernachlässigtem Schnitt und schlechter Nährstoffversorgung..."

Zu dem Thema Gelbflechte Stickstoff, Schwefel, Luftqualität siehe auch unter "Gelbe Flechten überall" Vaihinger Kreiszeitung:
"Einen Lebensraum haben die bunten Wesen aber lange Zeit gemieden: Großstädte. In den Metropolen mit ihren Schwefelabgasen machten sich die Doppelwesen normalerweise rar. Ein Grund dafür waren der Saure Regen. Seit den 70er Jahren ist die Rauchgasentschwefelung in Deutschland gesetzlich vorgeschrieben. Daneben wird seit einigen Jahren die Entschwefelung von Fahrzeugkraftstoffen gefördert. Durch diese Vorschriften und ihre Umsetzungen konnten die Schwefelemissionen drastisch reduziert werden. Dies zeigt sich auch in der Zusammensetzung der Flechtengesellschaften in Land und Stadt. Denn anhand des Vorkommens verschiedener Arten kann auf die Luftqualität geschlossen werden. Flechten sind folglich Indikatororganismen für die Luftgüte.
Ein Umstand, den sich die Lokale Agenda in Ludwigsburg zunutze macht. „Durch eine Flechtenkartierung kann man also mehr über die Luftqualität in Ludwigsburg herausfinden“, ist auf den Internetseiten der Stadt Ludwigsburg zu lesen.
2004 lief die erste derartige Kartierung und auch jetzt wird die urbane Flechtengemeinschaft erfasst. Besonders hübsch: Auf den Internetseiten der Stadt können übersichtlicher Bestimmungsbilder eingesehen werden. Flechteninteressierte können unter der Telefonnummer 07141/9102027 oder im Internet unter www.ludwigsburg.lokaleagenda21.org Kontakt aufnehmen."
http://www.vkz.de/de/heute/redaktion/se ... -ueberall/

Zur Gelbflechte auf Wikipedia:
"Die Gewöhnliche Gelbflechte ist häufig in Gebieten mit intensiver Tierhaltung anzutreffen, da sie von der hohen Belastung der Luft an Stickstoffverbindungen profitiert. Sie gehört zu den wenigen Flechten, die sich in den letzten Jahren sehr rasch ausbreiten. Sie ist sehr tolerant gegenüber Luftverschmutzung[9], sowohl in Bezug auf Bisulfite wie auch auf Schwermetalle [10]. Daher wurde die Gewöhnliche Gelbflechte verschiedentlich zum Biomonitoring eingesetzt["
nebenbei dort folgende nützliche Information:
"Ein wässriger Extrakt der Gewöhnlichen Gelbflechte hat gute antivirale Eigenschaften. Er verhindert die Vermehrung des humanen Parainfluenzavirus vom Typ 2[14]. Die Gewöhnliche Gelbflechte war als Lichen parietinus früher offizinell und wurde anstelle der Chinarinde gegen Malaria eingesetzt.
Diese Art wurde zur Flechte des Jahres 2004 gewählt."
daneben im Sinne des Artenschutzes wichtig:
"Die Raupen folgender Schmetterlingsarten sind von der Pflanze als Nahrungsquelle abhängig:[8]

Elfenbein-Flechtenbärchen (Cybosia mesomella)
Kleiner Flechtenbär (Setina aurita)
Gewöhnlicher Flechtenbär (Eilema complana)
Rosaroter Flechtenbär (Miltochrista miniata)
Rotkragen-Flechtenbärchen (Atolmis rubricollis)
Trockenwiesen-Flechtenbär (Eilema lutarella)
Vierpunkt-Flechtenbärchen (Lithosia quadra)"

Weitere interessante Aspekte über Flechten im allgemeinen und die Gelbflechte im Speziellen bei Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Flechte

Wasserhaushalt:
..."Anders als lange Zeit angenommen, schützt der Mykobiont den Photobionten nicht vor Austrocknung, sondern verlängert allenfalls die Zeit, die für diesen Prozess zur Verfügung steht. Der nahezu vollständige Feuchtigkeitsverlust ist vielmehr Teil der Überlebensstrategie von Flechten: Nur im ausgetrockneten Zustand sind sie in der Lage, Temperaturextreme oder hohe Lichtintensitäten, insbesondere von ultravioletter Strahlung zu überstehen"

Verbreitung und Lebensraum:
"Viele Arten sind in der Lage, extreme Lebensräume zu erschließen. So können manche Flechten auf blankem Fels wachsen, andere wurden in fast 5.000 Meter Höhe im Himalaya-Gebirge gefunden. Sie kommen in der Wüste ebenso wie in Heidelandschaften, in Mooren ebenso wie in Permafrostgebieten vor und können in Trockenstarre Temperaturen von -47 Grad Celsius bis +80 Grad Celsius überstehen. In der Antarktis lassen sich etwa 200 Flechtenarten antreffen; selbst bei 86 Grad südlicher Breite findet man in den Horlick Mountains noch sechs Flechtenarten. Auch amphibische Arten, die permanent im Wasser leben, gibt es, etwa Verrucaria serpuloides."
"Flechten besiedeln unterschiedlichste Standorte wie Baumrinde, Gesteine, Böden und selbst verrostetes Metall. Viele Flechtenarten sind substratspezifisch, das heißt, sie gedeihen nur auf basischem Gestein wie Kalkstein oder Dolomit oder „saurem“ kalkfreiem Silikatgestein wie Quarz, Gneis oder Basalt."
"Flechten, die als Epiphyt auf Bäumen wachsen, sind keine Parasiten; sie entnehmen der Pflanze keine Nährstoffe oder Wasser, lediglich die Photosynthese wird durch die Abdeckung etwas behindert. Sie zeigen eindeutige Vorlieben für bestimmte Bedingungen wie saure Rinden von Fichten, Birken oder Erlen oder basenreiche Rinden von Nussbaum, Spitzahorn oder Holunder. Diese Merkmale sind oft wertvolle Bestimmungshilfen. Eine Reihe von Flechten dient selbst als Substrat für andere Flechten. Oft bilden sich typische Abfolgen, in denen verschiedene Flechtenarten in einer charakteristischen Reihenfolge übereinander geschichtet vorliegen."
"Der extremste „Lebensraum“, in dem Flechten bisher ihre Überlebensfähigkeit unter Beweis stellen konnten, ist ohne Zweifel der Weltraum. Durch im Mai 2005 durchgeführte Experimente an den Flechten Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum) und der Zierlichen Gelbflechte (Xanthoria elegans) konnte gezeigt werden, dass diese Arten zumindest für einen Zeitraum von etwa zwei Wochen in der Lage sind, die lebensfeindlichen Bedingungen außerhalb der Erdatmosphäre wie starke Temperaturschwankungen und hohe UV-Strahlungsintensität zu überstehen."

Fortpflanzung:
"Der Pilzpartner muss zunächst einen geeigneten frei lebenden Algen- oder Bakterienpartner aufspüren und dann über diesen die Kontrolle übernehmen. Beides geschieht anscheinend erst, wenn sowohl Pilz als auch Alge oder Bakterium in einem „ausgehungerten“, dringend auf Nährstoffe angewiesenen Zustand sind. Auch im Labor ist es nur dann möglich, aus den beiden Einzelorganismen die Flechte zu bilden. Die typische Wuchsform der jeweiligen Flechtenart entsteht erst, nachdem der Pilzpartner seine Dominanz über den Photobionten etabliert hat.
Viele Flechten sind auf das Zusammentreffen solch günstiger Umstände nicht angewiesen und haben spezielle vegetative Vermehrungsorgane ausgebildet, mit denen Pilz und Alge gleichzeitig verbreitet werden können"
aber:"Da die Gewöhnliche Gelbflechte keine vegetativen Ausbreitungsorgane (Soredien und Isidien) entwickelt hat, muss die Symbiose zwischen Pilz und Algen in jedem Reproduktionszyklus neu geschaffen werden. Dafür scheinen die zwei Hornmilbenarten Trhypochtonius tectorum und Trichoribates trimaculatus verantwortlich zu sein, die auf der Gewöhnlichen Gelbflechte leben. In ihrem Kot finden sich sowohl Ascosporen als auch Algenzellen. Man nimmt an, dass die Ausbreitung der Gewöhnlichen Gelbflechte durch diesen Kot erfolgt[7]."

Für viele Larven von Schmetterlingen dienen Flechten als Nahrungsgrundlage, wie etwa für Vertreter der Gattung der Flechtenbärchen (Eilema), deren Raupen sich ausschließlich von Flechten ernähren.

Im Übrigen sind es vor allem wirbellose Tiere wie Schnecken, Insekten und Milben, zu deren Ernährung Flechten in unterschiedlichem Ausmaß beitragen. Dazu zählen auch Staubläuse (Psocoptera), manchmal auch Flechtlinge genannt, zu denen etwa die Bücherlaus (Liposcelis simulans) gehört. Erwähnenswert ist auch die Larve von Mycobates parmeliae, die sich mit ihrer leuchtend orangen Färbung an ihren Lebensraum in der Gewöhnlichen Gelbflechte angepasst hat.

Flechten und Tiere:
"Die Flechtenvegetation bietet vielen Tieren nebst Nahrung auch Lebensraum und Tarnung vor Fressfeinden. Milben und Insekten leben in großer Zahl zwischen Flechtenlagern; auch für die ebenfalls austrocknungsresistenten Bärtierchen sind Flechten ein wichtiger Lebensraum. Die Raupen verschiedener Nachtfalter tarnen sich mit Flechtenstückchen, andere ahmen einen flechtenbewachsenen Zweig nach (Mimikry).
Viele Vögel verwenden Flechten, vor allem blatt- und strauchförmige Arten, für den Nestbau, wie etwa der Wanderregenpfeifer (Pluvialis dominica), der sein Bodennest aus etwa 250 Thalli der Totengebeinsflechte und anderen Vertretern der Gattung Cladonia und Cetraria baut."

damit zeigt sich wieder mal was man noch alles lernen kann, besonders wenn man mal genau hinschaut.

Gruß Spinnich :roll:
Das Talent der Menschen, sich einen Lebensraum zu schaffen, wird nur durch ihr Talent übertroffen, ihn zu zerstören.
- Georg Christoph Lichtenberg -

Bloemenvriend
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Beitrag von Bloemenvriend »

Vielen Dank.
Das ist ja alles sehr interessant, vonwegen im Winter gibts nichts zu sehen! Ich werde in Zukunft genauer hinschauen und sicher noch andere Flechten entdecken.
liebe Grüsse Silvia

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