Lärche mit zweigeteiltem Stamm

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Ariadne+
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Lärche mit zweigeteiltem Stamm

Beitrag von Ariadne+ »

Neben meinem Grundstück, im Abstand von ca. 6,00 m, steht eine Lärche, deren Stamm, ab ca. 3,50 m Höhe, zweigeteilt ist. Der Baum steht am Ende einer Reihe von Buchen.

Bild


Jemand meinte, dass dieser Baum, wegen dem geteilten Stamm mit seinem V-Zwiesel = Druckzwiesel, bevorzugt "auseinander brechen" könne.
Das heißt, wenn er kippt trifft er mich genau in meinem Bungalow auf dem Sofa im Wohnzimmer.
Die Lärche steht nicht auf meinem Grund.
Ein öffentlicher Fußweg liegt dazwischen - aber meine Hauskante würde sie genau treffen; und dass mit ziemlich Ast freiem Stamm. Bei den Stürmen, die wir manchmal haben, werden die Wipfel ganz schön gepeitscht.

Ich habe den Besitzer des Baumes (eine Wohnungsverwaltung in Vertretung von 38 Eigentümern) aufmerksam gemacht und meine Bedenken geäußert. Letztendlich würde es, bei einem Abstand von ca. 6,00 m, meine Hauskante voll treffen, und zwar ziemlich mittig. Immer vorausgesetzt er nimmt diese Richtung.
Was wahrscheinlich ist, denn wo soll er sonst hin? Eine minimale Neigung tendiert eh in Richtung meiner Hauskante. Oder er fällt auf den stark frequentierten öffentlichen Weg.
Die Wohnungsverwaltung hat ihren Gartengestalter zum Anschauen geschickt und dieser formuliert: ....Die Lärche hat vor einigen Jahren einen drastischen Rückschnitt erfahren. Der Baum ist unseres Erachtens gesund und standsicher. Unsere Einschätzung ersetzt jedoch keine gutachterliche Beurteilung. ......... Und damit wäre die Firma für sich auf der sicheren Seite.

Nach meiner Meinung werden aber durch den "drastischen Rückschnitt", warum auch immer er stattfand, mögliche Segelwirkungen verstärkt.
Und - ob das Augenmerk der Gartenbaufirma auf besagten V-Zwiesel gefallen ist - möchte ich bezweifeln.

Als Laie betrachtet arbeitet es jedenfalls an dieser naturgemäßen "Sollbruchstelle".
Die Risse in der Rinde, haben sie eine Aussagekraft? Der Stamm ist ansonsten rissfrei.

Bild

Der Wohnungsverwalter möchte nun mit seinen "Beiräten" die Angelegenheit besprechen.
Die Beiräte sind zwangsläufig Wohnungseigentümer, und ob da jemand etwas von Bäumen versteht, kann ich mir nicht vorstellen. Und - Entscheidungen dauern dort erfahrungsgemäß Jahre.
Das ist verständlich, weil jede Entscheidung mit Kosten verbunden ist.
Auf einen Versicherungsfall warten? Mit Unbehagen - jedenfalls bei Sturm
Ein Trost - immerhin zahlt dann nicht meine Versicherung.

Gibt es unter Euch einen Baumexperten, der hierzu etwas sagen kann?

Kiefernspezi
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Beitrag von Kiefernspezi »

Hallo,

das letzte Wort muss sicher ein Gutachter haben. Aber ich bin kein Freund von Angstphantasien. Der Baum sieht m.E. sehr Vital aus. Auch ohne Zwiesel kann ein Baum bei Sturm brechen. Andererseits habe ich Bäume mit ähnlichem Habitus an Extremstandorten gesehen, die unbeschadet stärkste Stürme überstanden haben.

Zu klären wäre, ob im Schadenfall die andere Versicherung zahlt.

Ansonsten finde ich es traurig, dass Bäume als permanentes Risiko gesehen werden, während man tagtäglich Auto fährt. Das Risiko, mit dem Auto zu verunglücken und irrepareble gesundheitliche Schäden davonzutragen ist ungleich größer.

Da wäre dann die viel wichtigere Frage: ausreichend BU-Versichert?

Danach kann man sich Gedanken um den Baum machen.

Viele Grüße

Kiefernspezi

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LCV
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Beitrag von LCV »

Ich bin bekanntermaßen "pro Baum" eingestellt. Dennoch erlaube ich mir die Frage, ob einem die Versicherung wirklich etwas nützt, wenn man im ungünstigsten Fall vom Baum erschlagen wird. Nur an Hand des Fotos kann sicher niemand beurteilen, ob eine Gefahr besteht oder nicht. Hängt ja auch vom Standort ab, Windrichtung, Bodenbeschaffenheit und ob es in der Region besonders heftige Stürme gibt (wie z.B. im Frankfurter Raum).

Mein Rat wäre, sich nicht auf befangene Leute dieser Verwaltung zu verlassen, die natürlich dem finanziellen Aspekt eine größere Bedeutung zumessen. Ich würde den Nachweis verlangen, dass diese Gesellschaft für den Schadensfall ausreichend versichert ist. Somit erfährt man, welche Versicherung das ist. Dann würde ich genau dieser meine Bedenken mitteilen. Schon im eigenen Interesse würde dann die Versicherung die Sache anschauen. Und als weitere Möglichkeit sehe ich eine Anfrage bei der Gemeinde-/Stadtverwaltung. Die ist nämlich für die Sicherheit im Bereich Straße/Gehweg verantwortlich.

In unserer Stadt gibt es einen kompetenten Baumpflegebetrieb, der im Auftrag der Stadt alle Bäume mit Gefährdungspotenzial einmal im Jahr prüft. Es handelt sich dabei nicht um Leute, die mit Freude und Kettensäge alles niedermähen, sondern um wirkliche Fachleute. Wurde - auch gegen Proteste - ein Baum gefällt, konnte man am Baumstumpf sehr wohl erkennen, dass es höchste Zeit war.

Eine dritte Möglichkeit, allerdings mit Kosten verbunden, wäre die Beauftragung eines Experten.

Mahaleb
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Beitrag von Mahaleb »

Hallo,
wenn der Baum erhalten werden soll, empfiehlt sich nach den eingestellten Bildern eine so genannte Kronensicherung.
Das ist oftmals ein spezielles Hohltau, das eine in gewissem Umfang flexible Auslegung aufweist um den Baum zu veranlassen weiter Holz aufzubauen.
Die Kosten kann ein Baumpfleger konkret benennen, in der Regel ist das viel günstiger als den Baum zu fällen.

kurt
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Beitrag von kurt »

Hallo Mahaleb

Erkläre doch bitte, wie dieses Hohltau den Baum veranlasst, weiter Holz aufzubauen. Ich kann mir vorstellen, dass das von allgemeinem Interesse ist. Was ist ein Hohltau?

Gruss
kurt

kurt
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Beitrag von kurt »

Ich lebe seit 16 Jahren inmitten von ca. 1500 Bäumen, kleinen und grossen. Es sind praktisch nur Laubbäume, mehrheitlich Stieleichen. Lothar hat meinen Betonmischer damals 30m weit an den Waldrand geworfen, es ist aber nicht ein einziger Baum zu Schaden gekommen. Sturm gab es also wie überall. Etwa 500 Stieleichen sind (durch Wildverbiss in der Jugend) Zwiesel oder noch mehr geteilt. Die grosse Grenzeiche ist schon mindestens 200 Jahre alt und noch völlig intakt (Siehe untenstehendes Foto). Lärchen haben noch festeres Holz als Stieleichen. Der von ariadne+ vorgestellte Lärchenzwiesel ist so spitzwinklig und sieht so gesund aus, dass meiner Meinung nach kein Grund für irgendwelchen Aktionismus oder gar Panikmache besteht.

Gruss
Kurt
Dateianhänge
P1050981 Stieleiche Zwiesel red .JPG
P1050981 Stieleiche Zwiesel red .JPG (487.39 KiB) 4547 mal betrachtet
P1050979 Grenzeiche red .JPG
P1050979 Grenzeiche red .JPG (280.57 KiB) 4547 mal betrachtet

Mahaleb
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Beitrag von Mahaleb »

Hallo Kurt,

hier die Antwort auf Deine Frage für Alle:
Eine Hohltaukronensicherung ist ein speziell geflochtenes Seil aus einem dafür geeigneten Material ohne Kern. In der Baumpflege werden seit vielen Jahren solche Seile in entweder selbst dehnfähigem Material, oder durch den Einbau eines Gummipuffers dehnbarer Ausführung verbaut.
Durch den leicht durchhängenden Einbau wird dem Baum gestattet an den schadhaften Stellen in einem gewissen Umfang weiter zu schwingen, durch wird eine Stimulanz im Holz erzeugt, die den Baum veranlasst diese Regionen weiter zu verstärken.
Sinn der Kronensicherungen ist es, extrem weite Schwingbewegungen zu verhindern, hierdurch wird der Bruch unwahrscheinlich und durch leichtere Schwingungen der Anreiz zur verstärkten Holzausbildung im geschwächten Bereich geschaffen.
An der Lärche ist durch die seitliche Ausbeulung unterhalb und in der Astanbindung erkennbar, dass dort der Baum versucht eine Schwachstelle zu unterstützen und abzusichern. Um den Baum dabei zu helfen, baut man eine Kronensicherung ein, damit der Baum die Stelle nicht nur punktuell mit einer "muskelartigen Struktur" unterhalb und bis an den Riss reichend, sonder wieder vollständig im Gesamtstamm an den Einbindungstellen der Stämmlinge verbessern kann.
Weil der Baum in Deutschland steht, hat der Eigentümer oder die Eigentümergemeinschaft dafür zu sorgen, dass eine erkennbare Schwachstelle so gesichert wird, dass die Nutzung des Grundstücks und der angrenzenden Grundstücke wieder im Rahmen der zumutbaren Alltagsgefahren erfolgen kann. Man sollte nicht dieses darin sehen den Ast oder sogar Baum einfach abzusägen sondern schauen, mit welch geringerem Eingriff ist die Gefahrenquelle zu entschärfen und der Baum als solches erhaltbar.
Zuletzt geändert von Mahaleb am 05 Aug 2012, 08:52, insgesamt 1-mal geändert.

kurt
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Beitrag von kurt »

Hallo Mahaleb

Deine Erklärung leuchtet mir ein. Ich hatte dieses Anzeichen zur Kompensation einer Schwachstelle nicht erkannt. Auch die Funktion eines Hohltaus ist logisch.
Ich kann zum X-ten Mal sagen: Wieder was dazugelernt.

Dank und Gruss
Kurt

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baumlaeufer
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Re: Lärche mit zweigeteiltem Stamm

Beitrag von baumlaeufer »

Ariadne+ hat geschrieben:
Jemand meinte, dass dieser Baum, wegen dem geteilten Stamm mit seinem V-Zwiesel = Druckzwiesel, bevorzugt "auseinander brechen" könne....

Gibt es unter Euch einen Baumexperten, der hierzu etwas sagen kann?
ich stelle hier mal die Frage, ob der Baum allein durch seitliche Unterstützung es schafft, die in meinen Augen permanente Gefährdungstelle im Kern des Zwiesel durch stetiges Wachstum dicht zu halten ? Ist das nicht ein Raum für Rissbildungen, Wassereintrittsstellen und anschließend Weißfäule? Wenn dann noch der Frost im Winter dazu kommt und massiv auf den Zwiesel drückt ?????

Baumlaeufer-Wolfgang
Bäume sind Gedichte, die die Erde in den Himmel schreibt (Khalil Gibran)
www.na-tour-denkmal.de

Mahaleb
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Beitrag von Mahaleb »

Hallo,
die hier diskutierte Kronensicherung ist im oberen Kronendrittel verbaut, dort wo die Lasteinwirkung am wirkungsvollsten abgemildert wird.
Ich kenne viele Druckzwiesel, bei denen dieses bestens funktioniert und wir haben selbst eingefaulte Zwiesel mit solchen Systemen so stabil bekommen, dass 10 Jahre später die Fäule als verkapselt gilt. Die Herausforderung liegt darin, rechtzeitig an die Sache zu gehen. Verschläft man da nur wenige Jahre kann bereits alles zu spät sein.
Bäume wehren sich gegen Rissbildungen durch Ausbildung von Wundholz, um die Wunde luftdicht zu verschließen und können dadurch auch in gewissen Grenzen Fäulen so abschotten, so dass diese nicht mehr aktiv sind.
Ich schätze die Lärche so ein, dass dort alles noch gut bis zufriedenstellend ausschaut und der Kronensicherunsgeinbau mit Erfolgssaussicht verbunden ist. :)

Kiefernspezi
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Beitrag von Kiefernspezi »

Das ist mal ne gute Nachricht. :P

Ariadne+
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Beitrag von Ariadne+ »

Danke für Eure Antworten.
Ich habe auch wieder etwas dazugelernt. Viel Neues, mit dem ich etwas anfangen kann.
Und - ich gehe mit erweitertem Blick durch HH.

Das Thema Kronensicherung werde ich an die nachbarschaftliche Eigentümergesellschaft weitergeben.

Kiefernspezi
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Beitrag von Kiefernspezi »

Das freut uns sehr, denn das ist ein sehr schöner Baum.

Viele Grüße

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