wann ist der Blattaustrieb rot?

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Andreas Preuth
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Beitrag von Andreas Preuth »

Brötchen hat geschrieben:Hallo
das ist wirklich lustig.Aber ich sehe das auch öfters, aber ich denke mir nie etwas dabei.

Grüße Martin

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stefan
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Beitrag von stefan »

Hallo Baumfreunde,
Anthocyan ist ein verbreiteter Farbstoff in der Pflanzenwelt.
Er ist für viele rote / violette / blaue Farben in der Natur zuständig: Rotkohl, Blüten mit Farbänderung bei Lungenkraut oder Vergißmeinnicht, etc.
Welche Farbe ein Pflanzenorgan für uns besitzt hängt letztlich vom Verhältnis der verschiedenen Farbstoffe untereinander ab.
In den Blätter überwiegt normalerweise das Chlorophyll, damit werden sie für uns grün. Im Herbst kommt es zum Chlorohpyll-Abbau und (auch) zur Neubildung anderer Farbstoffe (Flavonoide, ...), so daß das Laub seine Farbe verändert.
Bei vielen Arten gibt es offensichtlich Variationen im Anthocyangehalt, die dann bei einzelnen Pflanzenindividuen oder auch ganzen Populationen zu einer Überdeckung des grünen Chlorohphylls durch das rote Anthocyan führen (Blattstiele und -unterseiten bei vielen Ahornen, Blutbuche, Blutpflaume und andere gärtrnerisch vermehrte Blut-...-Sorten bei vielen Arten).
Die Intensität der Anthocyanbildung hängt bei solchen Formen zum Teil von der Intensität der Sonnenbewstrahlung ab. Bei weniger dunklen Blut-...-Sorten sieht man nicht selten Schattenblätter im Inneren der Krone, die fast völlig grün sind.
Das hat damit zu tun, daß die Bildung von Anthocyan bei sehr vielen Pflanzen als eine Art Streß-Reaktion stattfindet. Das kann UV-Strahlung sein, das kann aber auch Hitze und Trockenheit sein.
Diese Rotfärbung geht mit dem weiteren Wachstum verloren - mit der Ausreifung des Gewebes, mit der zunehmenden Chlorohpyllbildung, ...
Man kann sich vorstellen, daß das Anthocyan - wie die Pigmente der menschlichen Haut - einen UV-Schutz darstellen, ob es wirklich so ist (oder eher mit dem Sonnenbrand zu vergleichen ist!), weiß ich aber nicht.
Gruß, Stefan

Brötchen
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Beitrag von Brötchen »

Hallo
das wusste ich noch nicht.Jetzt habe ich schon wieder was gelernt-sogar in den Ferien :wink: .

Grüße Martin

Roseo-Marginata
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Beitrag von Roseo-Marginata »

Hallo Stefan,

das ist ja super-interessant. Vielen Dank. Es erklärt vieles!

Gruss,

Roseo-Marginata

Roseo-Marginata
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Anthocyan

Beitrag von Roseo-Marginata »

stefan hat geschrieben: Man kann sich vorstellen, daß das Anthocyan - wie die Pigmente der menschlichen Haut - einen UV-Schutz darstellen, ob es wirklich so ist (oder eher mit dem Sonnenbrand zu vergleichen ist!), weiß ich aber nicht.
Gruß, Stefan
Hallo Stefan, diese Erklärung ist wirklich gut. Ich habe nochmal ein bißchen nach diesem Anthocyan geschaut und bestätigt gefunden, was Du schreibst. Es könnte auch die Erklärung sein, dass dieses Jahr einige Ahorn Flügelnüsse rötlicher scheinen, als sonst.

Hier eine Kurzfassung eines vorzüglichen Wikipedia Artikels:
Anthocyane (von griech. anthos = Blüte, Blume, kyáneos = dunkelblau) sind wasserlösliche Pflanzenfarbstoffe, die in nahezu allen höheren Pflanzen vorkommen und den Blüten und Früchten die rote, violette, blaue oder blauschwarze Färbung geben. Reich an Anthocyanen sind zum Beispiel, Aronia, Kirschen, Auberginen, blaue Trauben, Heidelbeeren und Rotkohl sowie Usambaraveilchen.

Anthocyane sind auch für die Färbung der Blätter im Herbst verantwortlich, wenn die Photosynthese eingestellt und das Chlorophyll nicht neu gebildet wird. Auch bei noch relativ jungen Pflanzen, bei denen die Chlorophyll- und Wachsproduktion noch nicht eingesetzt hat und die somit vor UV-Licht ungeschützt wären, werden vermehrt Anthocyane produziert. Wenn die Chlorophyllproduktion beginnt, wird die Produktion der Anthocyanfarbstoffe herabgesetzt.

Anthocyane sollen u.a. Pflanzen vor dem starken UV-Licht der Sonne schützen, indem sie bestimmte Wellenlängen absorbieren. So wird eine Schädigung der Proteine in der Zelle und der DNA in den Zellkernen verhindert.

Gruss

Roseo-Marginata

kurt
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Beitrag von kurt »

Hallo,
Sehr gut!!!. Danke für die informativen Beiträge.
Gruss
Kurt

Brötchen
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Beitrag von Brötchen »

Hallo
sehr interessant ist das ganze.

Grüße Martin

kurt
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Beitrag von kurt »

Hallo zusammen,
Meine Frau hat gerade entdeckt, dass unsere rotblättrige Haselnuss zum ersten Mal Früchte trägt. Sie stammt aus einer Gärtnerei, kein Eigengewächs.
Zwei Fragen:
1. Wenn das Anthozyan etwas mit Sonnenschutz zu tun hat, warum sind dann die Fruchthüllen auch rot?. Sogar die Nussschalen sind an der Spitze rötlich.
2. Wie heisst diese Sorte? Sind die Nüsse essbar? Wie gross wird dieser Strauch? (Gegebenenfalls opfere ich die darumherumstehenden Forsythien)
Die unteren beschatteten Blätter sind auch grün.
Gruss
Kurt

Cryptomeria
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Beitrag von Cryptomeria »

Hallo Kurt,

diese haselnuss heißt Corylus maxima "Purpurea" ( Blut-Hasel). Wird ein richtig großer Großstrauch ( 4x4 m ). Verträgt aber auch bestens Schnitt. Nüsse , wie die normale Haselnuss essbar.
Ich kenne mich bei der Chemie nicht aus, aber genetisch bedingt werden natürlich alle Farbnuancen , auch die der Früchte, weitervererbt.

Wolfgang

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stefan
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Beitrag von stefan »

Hallo Kurt,
grundsätzlich hat das Anthocyan 'was mit Streß, z.B. Sonnenschutz, zu tun.
Das merkst Du vor allem bei den in der Anfangsfrage angesprochenen roten Jungtrieben und jungen Blättern, die dann mehr oder weniger stark ergünen.
Bei den "Blut"-Formen (Blutbuche, Blutpflaume, Bluthasel, ...) handelt es sich um Individuen, die genetisch bedingt eine stark verstärkte Anthocyanbildung haben. Diese bleibt - zumindest bei ausreichender Belichtung - die gesamte Vegetationsperiode erhalten und betrifft die gesamten (normalerweise grünen) Pflanzenteile.
Das kannst Du mit Sonnenbräune beim hellhäutigen Menschen - nur an den sonnenexponierten Stellen - vergleichen; Menschen mit genetisch bedingter stärkerer Pigmentierung besitzen diese dunklere Hautfarbe auch an den wenig sonnenexponierten Körperteilen.

Wenn zur Bestäubung der Blüten Deiner roten Haselnuß Pollen von normal-grünen Pflanzen gedient haben, wirst Du bei einer Aussaat eine große Variation von unterschiedlich gefärbten Pflanzen bekommen. Das Aussehen und die Verteilung im Einzelnen hängen von den Details des Erbganges der für die Farben zuständigen Gene ab (Mendelsche Gesetze etc.).
Um diese Unwägbarkeiten zu umgehen, werden derartige gärtnerisch interessanten Formen in der Regel immer vegetativ vermehrt!
Gruß, Stefan

Cryptomeria
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Beitrag von Cryptomeria »

Um noch kurz die wieder sehr gute Erklärung von Stefan zu ergänzen:
Säe auf jeden Fall doch mal aus, ich bin dann gespannt, wie dein Saatbeet aussieht ( vielleicht rot-grünblättrig im Verhältnis 1:1, dann war deine Haselnuss mischerbig, sehen alle gleich aus, müsste deine Haselnuss reinerbig gewesen sein. Sind alle rot, ist rot dominant, sind sie verwaschen grünrötlich liegt das Merkmal zwischen beiden Eltern ).

Das ist doch eine spannende Aufgabe für das nächste Frühjahr. Nur aufpassen, Mäuse,Haslenussbohrer,Haselmaus,Eichhörnchen..... lieben alle
deine Haselnüsse.

Wolfgang

kurt
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Beitrag von kurt »

Hallo
Bisher hatte ich nur die grüne weit verbreitete Art. Charakteristisches Merkmal: In jeder Nuss ein kleines Loch. Drin nichts essbares, ausser vielleicht einem Wurm :evil:
Sind die roten weniger anfällig?
Zu euren Anregungen bezüglich Vermehrung. Die Haselnuss ist doch einhäusig, also müsste doch mit grosser Wahrscheinlichkeit Eigenbestäubung erfolgen. Mendel natürlich. Also nur vegetative Vermehrung, wie immer, um Sortenreinheit zu erzielen?
Gruss
Kurt
Gruss
Kurt
Zuletzt geändert von kurt am 03 Jun 2007, 21:40, insgesamt 1-mal geändert.

Cryptomeria
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Beitrag von Cryptomeria »

Das ist der Haselnussbohrer. Ich denke, er geht genauso an die roten, weiß es aber nicht aus Erfahrung. Beobachte selbst.
Im Mai/Juni sticht das Rüsselkäferweibchen die noch weiche Nuss an und legt ein Ei hinein.Dein kleines Würmchen ist die Larve, die die Nuss von innen ausfrisst. Dann fällt die Nuss ab und die Larve verlässt die Nuss, um sich im Boden einzugraben und zu überwintern. Du könntest jetzt oder vor ein paar Wochen die knapp 1cm großen Rüsselkäfer evtl. gesehen haben. Braun, langer Rüssel.

Die Larve liegt dann ( auch mal bis 3 Jahre) und im Mai schlüpfen die Käfer.

Viele Grüße

Wolfgang

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stefan
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Beitrag von stefan »

Hallo Kurt,
auch wenn die Haselnuß einhäusig ist - die Natur 'möchte' Kreuzungen (= Durchmischung des Erbgutes)!
Haselnuß ist ein typischer Windbestäuber, mit riesiger Pollenproduktion. Wenn irgendwo im Umkreis von einigen 100 Metern (und mehr) eine weitere Haselnuß steht, hast Du garantiert - zumindest auch - Kreuzungen!
GHruß, Stefan

Brötchen
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Beitrag von Brötchen »

Hallo
ich habe auch schon mal so einen Blut-Hasel gesehen und habe 10 solche Nüsse mitgenommen.Aber leider hat es nocht geklappt.

Grüße Martin

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